Antwort des SPD-Bundestagsabgeordneten Martin Rosemann auf den offenen Brief der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus dem Kreis zur Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Hölsch,

vielen Dank für Ihren Brief zur Ganztagesbetreuung für Grundschülerinnen und Grundschüler.

Lassen Sie mich so beginnen: Mit dem Rechtsanspruch schaffen wir die Rahmenbedingungen, dass es jedes Kind packt. Dafür brauchen alle Kinder die besten Bildungs- und Betreuungsangebote. Das gilt für Berlin, für Stuttgart, aber auch für unsere Region. Deshalb habe ich aus voller Überzeugung dem Ganztagesförderungsgesetz am 11. Juni zugestimmt.

Neben der Bedeutung für die Kinder und ihre Familien spielt die Ganztagesbetreuung als Standortfaktor für unsere Städte und Gemeinden eine zentrale Rolle. In zahlreichen Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft in unserer Region ist ein immer wiederkehrendes Thema die Fachkräftesicherung. Ein verlässliches Betreuungsangebot ist wesentlich für Familien und sichert damit die Fachkräftebasis vor Ort. Hierzu auch eine Zahl: Das DIW schätzt, dass mehr Ganztagsbetreuung zu höheren Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen sowie zu geringeren Ausgaben für Sozialtransfers in Höhe von bis zu zwei Milliarden Euro pro Jahr führen wird.

Sie führen in Ihrem Brief vor allem zwei Bedenken an: Die zeitlichen Rahmenbedingungen – vor allem was die Gewinnung der Fachkräfte angeht – sowie eine nachhaltige Finanzierung einer solchen Betreuung.

Lassen Sie mich mit dem Letzteren beginnen: den Investitions- sowie den Betriebskosten für die Ganztagesbetreuung: Für die notwendigen Investitionskosten zum Ausbau der Ganztagesbetreuung sind 3,5 Milliarden Euro vom Bund vorgesehen. Diese haben sich damit zu den im Koalitionsvertrag vereinbarten zwei Milliarden Euro im Vergleich fast verdoppelt. Dies ist wesentlich auf Druck der Länder geschehen. Hier ist eine bis zu 70-prozentige Förderung von Bundesseite vorgesehen. Das lassen Sie in Ihrem Brief unerwähnt.

Unerwähnt bleibt auch, dass der Bund die Kommunen in den letzten Jahren finanziell immer wieder und an verschiedenen Stellen massiv entlastet hat – zuletzt durch die Übernahme von weiteren 25 Prozent der Kosten der Unterkunft im SGB II, so dass der Bund jetzt insgesamt 74 Prozent der Kosten der Unterkunft übernimmt.

Darüber hinaus unterstützt der Bund die Länder bei den laufenden Kosten der Ganztagsgarantie mit dauerhaft 960 Millionen Euro jährlich. Wie dieses Geld jedoch an die Kommunen geht, ist Ländersache. Hierauf können wir als Bund nicht einwirken. Im Übrigen ist die Finanzierung dieser Aufgabe Sache der Länder.

Natürlich ist die Gewinnung der notwendigen Fachkräfte für die Betreuung eine Herausforderung – zumal im Moment in vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltung und des Sozialwesens Fachkräfte dringend gesucht werden. Unter anderem deshalb sieht das Gesetz ja auch den Beginn der Garantie erst ab 2026 vor. Aus Rücksicht auf die Kommunen haben wir gerade dafür gesorgt, dass der Rechtsanspruch nur schrittweise und mit genügend Vorlauf für die Strukturen vor Ort eingeführt wird.

Wir sollten auf allen Ebenen gemeinsam an kreativen Lösungen arbeiten: die Entlastung der Fachkräfte bei Hauswirtschaft und Verwaltung, die Gewinnung zusätzlicher – auch männlicher – Fachkräfte durch eine bessere Bezahlung, die Gewinnung von BerufsrückkehrerInnen und Beschäftigten in angrenzenden Berufen sowie das Aufstocken von Teilzeitkräften. Ich bin
jedenfalls nicht bereit, hier einfach aufzugeben. Dies gilt umso mehr, da bereits rund die Hälfte der 2,9 Millionen Kinder im Alter von sechs und unter elf Jahren aktuell in einer Ganztagsschule oder in einem Hort betreut wird.

Sehr geehrter Herr Hölsch, das Vorhaben wurde bereits im Koalitionsvertrag zur 19. Legislaturperiode als prioritäres Projekt
behandelt und ist für mich auch ein wichtiges Signal für die Verlässlichkeit dieser Großen Koalition.

Gerne bin ich bereit, mit Ihnen und Ihren KollegenInnen an innovativen Lösungen zur Fachkräftegewinnung zu arbeiten und
beim Land Baden-Württemberg für eine weitergehende finanzielle Unterstützung der Kommunen zu werben. Für einen persönlichen Austausch stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Martin Rosemann MdB